Die nachhaltige Pflege von Holzboeden by Will Wiles

Die nachhaltige Pflege von Holzboeden by Will Wiles

Autor:Will Wiles [Wiles, Will]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783641090302
Google: fnYbSUAV3lkC
Herausgeber: E-Books der Verlagsgruppe Random House GmbH
veröffentlicht: 2013-03-17T23:00:00+00:00


SECHSTER TAG

Eine Tür schlug zu. Die Wohnungstür, dem Klirren der Sicherheitskette nach zu schließen. Meine Sinne lösten sich aus der Benommenheit, die knisternde Rückkehr zur Farbe nach dem Gleißen eines Blitzlichts. Eine sterbende weißorange Sonne. Nein, nicht sterbend, sondern heller, selbstgerechter Morgen.

Die Katze und ich sahen auf, dann sah ich die Katze an. Sie lag am Fußende wie eine wachende Sphinx. Am Abend zuvor hatte ich ihr Gelegenheit gegeben, auf Streifzug zu gehen, aber statt sofort zu verschwinden, hatte sie auf eine Weise gezögert, die mich tief verunsicherte. Müde und betrunken hatte ich beschlossen, sie drin zu lassen. Und hier waren wir nun beide.

Und noch jemand. Irgendwer war in der Wohnung. Sicher die Putzfrau, und der Gedanke widerte mich an. Hatte es schon mal einen Moment gegeben, in dem wir uns stressfrei begegnet waren? Nein – jedes Mal, wenn ich sie sah, hatte ich mich schrecklich gefühlt. Erstarrt wartete ich auf das nächste Geräusch, aber es kam keins. Die Zimmertür stand einen Spalt offen. Ein Streifen vom stillen Flur war zu sehen.

Ich schlug die Decke zurück, schlich barfuß zur Tür und horchte. Die Stille sirrte mir in den Ohren. Keine absolute Stille – da war das unentwegte Atmen der Stadt. Doch in der Wohnung regte sich nichts. Die Stille war raumgreifend, sickerte ins Schlafzimmer wie Trockeneis.

Die Katze auf dem Bett hatte die Augen meditativ geschlossen. Dann öffnete sie sie plötzlich, stand auf, sprang vom Bett und lief zur Balkontür, strich am Türrahmen hin und her.

Über die kalten Holzdielen tappte ich zu ihr hinüber.

»Willst du kein Frühstück?«, fragte ich leise. »Keine leckeren Dosenhäppchen?«

Sie sah fordernd zu mir auf. Ich drehte die schmiedeeisernen Griffe der Fenstertür, die sich, etwas verquollen, gegen das Öffnen sperrte und in meiner Hand vibrierte. Die Katze sprang auf die Balkonbrüstung und schlüpfte hinüber – zuerst dachte ich, sie spränge mit einem Satz die zwei Stockwerke hinab. Ich beugte mich vor und sah, dass sie auf einem Sims gelandet war, der sich zwischen den Stockwerken hinzog. Von dort aus sprang sie auf den Balkon direkt unterhalb und dann auf den Windfang des Hauseingangs.

Der frische Windzug machte mir bewusst, dass ich nur mit Boxershorts bekleidet auf dem Balkon stand. Prompt meinte ich schon, entrüstetes Frauengeschrei und Sirenen zu hören. Ein Paar Schuhe stand auch noch da, dasjenige, das im Regen durchweicht worden war. Ich duckte mich zurück ins Zimmer und zog die Hose an, die verknittert am Boden lag, und die Socken, die aus den Hosenbeinen fielen. Dann probierte ich die Schuhe an. Sie waren trocken.

Jetzt erinnerte ich mich deutlich an den Vorabend. Ich hatte getrunken, das schon, aber moderat im Vergleich zum Abend davor. Ich hatte auf dem Sofa gesessen, CNN geguckt, Wein genippt und Reste aus dem Kühlschrank verputzt. Die Katze hatte neben mir gelegen, auf der Seite, und ihr Katzenlächeln gelächelt. Vergangene Ereignisse fügten sich jetzt zu einem überschaubaren Ablauf zusammen. Es hatte zwei Katzen gegeben. Eine hatte eine weiße Schwanzspitze, die andere nicht. Eine war die aktive, unternehmungslustige gewesen, die gerne mit Korken spielte und Wein schleckte; die andere war braver, träger.



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